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Ankommen an vertrauten Orten
Guten Tag
Sie lesen diesen Text auf den Internetseiten von CTL und vielleicht ist dies ein wenig wie Ankommen an einem vertrauten Ort. Oder Sie sind in Ihrem Zuhause angekommen, ein vertrauter Ort. Meine Frau und ich freuen uns auf die bevorstehenden Sommerferien, ankommen an einem vertrauten Ort auf der Nordseeinsel Sylt.
Ein vertrauter Ort ist auch der, wo wir aufgewachsen sind, wo wir unsere Kindheit gelebt haben: die Eltern, die Geschwister, massgebende Bezugspersonen, Pflegeeltern, eine Tante, das Haus, der Ort, das Land usf.
Der Begriff vertrauter Ort bringen wir vielleicht mit angenehmen Gefühlen in Verbindung. Aber es gehören auch unangenehme Erinnerungen und Empfindungen zu einem vertrauten Ort. Speziell diesen wollen wir uns in diesem Brief zuwenden. Welche Erinnerungen und Gefühle bei uns persönlich auch immer mit einem vertrauten Ort in Verbindung stehen; es sind vertraute Orte welche zu uns gehören, an die wir uns gewöhnt haben, die uns geprägt haben, die tief in uns verwurzelt sind.
Was können vertraute Orte sein?
Dies können bestimmte Gefühle oder Gedanken sein oder Verhaltensweisen welche diese
Empfindungen produzieren: Jemand wurde in der Kindheit psychisch oder sexuell missbraucht
und trägt Wunden und Schmerz in sich. Jemand sieht sich in Gedanken andere
verurteilen oder hat Hassgedanken. Wieder jemand begehrt in Gedanken
eine andere Frau. Oder das Gefühl zu leiden, zu kurz zu kommen, sich
selbst zu bemitleiden, ausgenutzt werden, peinigende Ängste,
das Gefühl zu verarmen, schuldig zu sein usf.
Wenn wir unser gegenwärtiges Leben genau betrachten, so stellen wir fest, dass wir gedanklich und emotional immer mal wieder an den uns vertrauten Orten ankommen. Erleben wir die damit verbundenen Empfindungen positiv, so ist es gut. Erleben wir diese hingegen negativ, so versuchen wir vor diesen
zu fliehen. Unser Wächter in uns sagt dann: Da möchten wir nicht mehr hinkommen, diese Gefühle möchten wir nicht mehr erleben. Wir versuchen, uns davor zu schützen. Der vertraute Ort jedoch begegnet uns wieder, holt uns wieder ein, verschafft sich Raum, er möchte auch Leben, weil er zu uns gehört. Wir verbrauchen viel Energie, diesen Ort zu meiden und benutzen dazu unbewusst verschiedene uns vertraute Mittel. Wir versuchen zu verdrängen, indem wir uns ablenken und positive Gedanken suchen oder wir beten dagegen oder wir bitten Gott, er möge uns davon befreien. Solange wir versuchen davon zu laufen, werden wir immer wieder frustriert eingeholt von dem, was da eben auch noch Teil von uns ist und zu uns gehört. Erst wenn wir uns auf den Weg der bewussten aktiven Begegnung begeben, schaffen wir damit die Voraussetzung für eine Wandlung, für eine wachstümliche innere Heilung.
Eine Übung:
Beobachten und notieren
Was habe ich für Mittel, um diese Empfindungen und Gedanken zu produzieren? Wie könnte eine mir nahe Person helfen, diese zu bewirken?
Wozu vertrauten Orten begegnen? Wozu
hinuntersteigen?
All diese Orte gehören zu uns, sie sind Teil von uns selbst. Wenn wir fliehen, dann
werden wir von diesen wieder eingeholt. Suchen wir hingegen die bewusste Begegnung, so
bewirkt dieser Weg Ruhe. Eine innere Ruhe, welche infolge eines beständigen
dagegen Kämpfens nicht möglich war. Gerade in Zeiten wo wir Ruhe suchten, drängten sich
dann diese Gedanken auf, störend wie Lärm. In der bewussten Begegnung hingegen sind wir aktiv,
wir sind den Gedanken nicht mehr passiv ausgeliefert. Wir übernehmen Verantwortung
für das, was da in uns ist. Wir gestalten aktiv eine Beziehung. Es wirkt
Entspannung, wenn wir sagen können: Auch diese Orte gehören zu mir, ich stehe dazu. Ich
bin bereit, gerade in der Stille, in der Gegenwart von Gott, diesem Lärm, diesen Orten zu
begegnen (siehe Übung a). Wahr werden, es Licht werden lassen in uns, sich nicht
weiter selbst betrügen, sind Begriffe aus dem Neuen Testament, welche diesen schwierigen
aber begehbaren Weg beschreiben. Auf diesem Weg der bewussten Begegnung werden uns diese
Gedanken den Weg weisen hin zu bis anhin verborgenen, nicht zugänglichen Lebensräumen,
zu neuen Freiheiten. Durch Begegnung entfällt der Kampf dagegen, der Blick wird frei für
bis anhin Verborgenes.
Dieser Weg der bewussten Begegnung ist in der Psychotherapie das wesentliche Element. Jesus Christus beschreibt diesen Weg des Anschauens und der bewussten Begegnung in der Bergpredigt als Weg der Versöhnung. Dem Feind begegnen, mit dem Feindlichen eine Extrameile gehen. Dem begegnen, was wir an und in uns als feindlich erachten heisst nicht, dieses märtyrerhaft erdulden müssen oder resignierendes Gutheissen dessen. Durch das Gestalten einer Beziehung mit den unangenehmen Orten, schaffen wir vielmehr die Voraussetzung für Wandlung. Wir suchen aktiv diese Orte auf, wir pflegen aktiv eine Beziehung. Wir fragen uns: Was sind mir vertraute Mittel, damit ich dorthin gelange (siehe Übung b)?
Das, worauf es im Leben am meisten
ankommt, können wir nicht vorausberechnen. Die schönste Freude erlebt man immer da, wo
man sie am wenigsten erwartet hat. Diese Sternstunden aber lassen eine so tiefe Sehnsucht
im Herzen zurück, dass manche Menschen Heimweh nach ihren trübsten Zeiten fühlen, wenn
diesen ihre Freuden entsprossen sind. |
Diesen Weg gehen heisst hinuntersteigen und dem Mühsamen, dem Feindlichen, dem Schatten, dem Schmerz, dem Unanständigen, dem Schwachen, dem Verletzten, dem Peinigenden in uns zu begegnen. Jesus Christus selbst ist diesen Weg gegangen. Viele hingegen streben nach oben. Sie fragen nach den Idealen, sie möchten aufsteigen, besser sein, sich ausstrecken nach mehr, um auf diesem Weg Gott ähnlicher zu werden. Sie schreiben Gott vor, wie er zu handeln hat: Nimm das von mir! Hilf mir mich besser zu verhalten! So wächst keine Nähe zu Gott. Sie bleiben in ihren Vorstellungen, in ihren eigenen Sicherheiten eingeengt, drehen weiter um sich selbst und schieben die Verantwortung ab auf Gott, auf andere Menschen, den Therapeuten. Doch dieses Streben nach oben führt in eine Sackgasse. Sie versuchen, sich aus dem eigenen Sumpf zu ziehen und überfordern sich dabei, indem sie immer weiter einsinken. Vorübergehende Erfolgserlebnisse werden überschattet von tiefen Einbrüchen, von Versagen und Minderwertigkeitsgefühlen. Mir begegnen in der Beratungspraxis viele Menschen, die in ihrer Lebensmitte an diesem Punkt ankommen.
Der Weg der bewussten Begegnung, das Hinuntersteigen ist unser Anteil auf dem Wandlungsweg der wachstümlichen inneren Heilung. Jesus Christus hilft uns immer wieder, dass wir den Blick ehrlich auf uns selbst richten: Begegne dem, was da zu dir gehört, stehe dazu, fliehe nicht, werde wahr, schieb die Verantwortung nicht ab auf andere, tue nicht so, als ob da nichts wäre, begegne dem was nicht gut aussieht, begegne dem Schmerzhaften, sei barmherzig mit dir selbst. Gott wirkt auf diesem Weg heilend an uns. Im Glauben, im Vertrauen, dass Gott an und in uns wirken wird, können wir so Wandlung an uns geschehen lassen. Wir müssen und können nicht im Voraus wissen, was der Wandlungsweg hervorbringen wird: neue Verhaltensweisen, andere Gefühle usf. Jesus Christus sagt: Gehe die Extrameile. Er sagt uns aber nicht, was dadurch entsteht. Auf diesem Weg erflehen wir seinen Schutz und Beistand. Dieser Weg führt uns in eine tiefere Abhängigkeit von Gott. Es ist Ausdruck einer Haltung: Aus eigener Kraft schaffe ich es nicht. Der Weg, uns mit allem was an und in uns ist, uns selbst anzuvertrauen und Gott hinzuhalten, bewirkt befreiende Wandlung.
Hier ist in Kurzform ein wesentliches Element innerhalb eines heilsamen therapeutischen Prozesses beschrieben. Möchten Sie diese Gedanken vertiefen oder weiterführen, so wenden Sie sich bitte an uns.
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